Die Kirche

Die ehemalige Gutskapelle von Alt Placht – um 1700 erbaut – ist ein Bau, der sich in die Landschaft einfügt und sie beispielhaft verinnerlicht. Zusammen mit den umstehenden, mehr als 300 Jahre alten Linden bildet sie ein Ensemble von besonderem Reiz, das eine Stimmung des Einsseins von Wachsen und Bauen vermittelt. So wird das Kirchlein zu einem sinnfälligen Zeichen für die Zusammenschau von Natur, Religion und Kultur.
 Seit etwa 1970 schien das Gebäude dem Untergang geweiht zu sein. Durch Verfall und mutwillige Zerstörung bot die Stätte ein Bild der Verwahrlosung und Verwüstung. Alles von Wert war entwendet worden bis hin zu den alten Kastenschlössern und schmiedeeisernen Türbeschlägen. Die noch vorhandene Bronzeglocke von 1721 war an das Elisabeth­stift in Berlin verkauft worden. Ein Gutachten des kirchlichen Bauamtes beschied damals, „diesen Schandfleck baldmöglichst zu beseitigen.“ Doch selbst dazu fehlten die Mittel. 1989 drohte die Kirche endgültig einzufallen. Da fiel die Berliner Mauer.


 

Alsbald fanden sich Menschen aus West und Ost zusammen, die den besonderen Reiz dieses Baudenkmals erkannten, und gründeten einen Förderverein zur Rettung dieses Kleinods. Dass die Kirche nach Jahrzehnten des Verfalls wiedererstehen konnte, gleicht einem Wunder.
 Die Initiative zum Wiederaufbau ging von einem Westberliner aus, der sich aufs Bauen verstand. Das Kirchlein war ihm seit Kindertagen vertraut; denn sein Vater stammte aus dieser Gegend.

In der Aufbruchstimmung nach der Wendezeit gingen die Vereinsmitglieder nun ans Werk: Es wurde geplant, Gutachten wurden eingeholt und Förderanträge gestellt; erhaltene Teile der Inneneinrichtung wurden geborgen, die Wildnis um die Kirche herum gelichtet. 1993 konnte mit der Restaurierung der Kirche begonnen werden. Ein Förderer hatte sich gefunden, der bereit war, den Wiederaufbau über die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zu unterstützen. 
Doch damit allein war es nicht getan. Viele Hilfsarbeiten sind von ABM-Beschäftigten geleistet worden – sichtbarstes Zeichen dafür ist die Einfriedung des Kirchengeländes mit einem Feldsteinwall. Hinzu kamen freiwillige Helfer in großer Zahl, die in Arbeitseinsätzen dazu beigetragen haben, das Aufbauwerk voranzubringen.
 Die Ausfachung der Kirche wurde im Rahmen eines Lehmbauseminars begonnen. Die Teilnehmer waren so begeistert, dass sie an den folgenden Wochenenden wiederkamen, bis die Arbeit getan war.


Zum Erntedankfest 1994 war es dann soweit: Nach dreißig Jahren konnte in dieser Kirche wieder Gottesdienst gefeiert werden, und seit Johanni 1995 erklingt vom Turm auch wieder die heimgekehrte Glocke.
 Doch noch fehlten die Fenster und vieles mehr, vor allem Bänke. Groß war die Zahl der Spender, die uns bei der Ausgestaltung unterstützt haben. 
Die Fachwerkkirche des ehemaligen Gutes Placht wurde auf dem Platz erstellt, wo einst im Mittelalter eine Kirche inmitten eines Dorfes stand. Die Fundamente des Vorgängerbaus konnten nachgewiesen werden (dokumentiert auf der Kirchenempore). Ausgangs des 15. Jahrhunderts, so wird angenommen, fiel durch Krieg das alte Dorf der Verwüstung anheim.


 

Charakteristisch für die ehemalige Guts­kapelle ist die Folge von dicht gestellten Fachwerkstielen, die das stark ausladende Traufgesims des Satteldaches tragen und die Fassade rhythmisch gliedern. Die geputzten, rechteckig stehenden Felder überdecken die Riegel und Streben. Die Bauweise entspricht der nordfranzösischer Fachwerkbauten. Sie wurde, so darf angenommen werden, durch hugenottische Einwanderer ins Land gebracht. Hugenottischer Baustil aus der Besiedlungsgeschichte der Mark Brandenburg im 17. Jahrhundert ist damit in einer einzigartigen Erscheinungsform erhalten geblieben. 
Die Kirche ist vermutlich in mehreren Abschnitten gebaut worden. Danach dürfte der ursprüngliche Bau um den Turmteil mit darunterliegendem Grabgewölbe erweitert worden sein. Die Konstruktion des Dachstuhls lässt darauf schließen, dass das Gebäude früher eine Reetdeckung aufwies. So zeigt es sich nach seiner Restaurierung, auch in der Farbgebung der Fassade, nun wieder in seiner ursprünglichen Gestalt.

Das Ensemble, bei deren Bauweise die Natur in die künstlerische Gestaltung einbezogen ist, ist uns heute ein Beispiel für eine ökologisch ausgerichtete Architektur. Gerade die Schlichtheit des Raumes im Zusammenspiel mit seiner harmonischen Naturnähe macht die Poesie des Ortes aus, die Menschen von nah und fern anzieht und zur Ruhe kommen lässt. Von dieser einfachen Kirche, inmitten des Naturparks „Uckermärkische Seen“ gelegen, geht eine anspruchsvolle Botschaft aus: Sein kulturelles Wirken gereicht dem Menschen nur dann zum Segen, wenn es im Einklang mit der Natur und in der Rückbesinnung auf die Geschichte geschieht. Man bedenke: Die Linden wurden zu jener Zeit gepflanzt, als Kolumbus Amerika entdeckte.

 

Der Ort Alt Placht

Das ehemalige Gutsdorf Placht liegt 10 km nordwestlich von Templin. Im Mittelalter führte durch den Ort der vielbefahrene Fernweg von Frankfurt an der Oder über Eberswalde, Templin nach Strelitz. Erstmals urkundlich erwähnt wird das Dorf 1307. Doch die Besiedlungsgeschichte des Ortes reicht weit zurück in die Zeit der Völkerwanderung, als slawische Stämme in dieses Gebiet kamen. Auf dem Gelände um die heutige Kirche hat es nachweislich eine jungslawische Siedlung gegeben, zu der eine Kultstätte gehörte.

 

Die Fachwerkkirche des ehemaligen Gutes Placht wurden auf dem Platz erstellt, wo einst im Mittelalter eine Kirche inmitten eines Dorfes stand. Die Fundamente des Vorgängerbaus konnten nachgewiesen werden (dokumentiert auf der Kirchenempore). Ausgangs des 15. Jahrhunderts, so wird angenommen, fiel durch Krieg das alte Dorf der Verwüstung anheim.

 

Im auslaufenden Mittelalter befand sich die wüst gewordene Gemarkung im Besitz der Stadt Templin, ab 1608 in wechselndem Lehnsbesitz. 1696 kommt es zur Ansiedlung eines Gutes unter derer von Warnstedt. Von 1715 bis 1761 befindet es sich im Besitz von Hans Gerwig. 1758 vernichtete ein Großfeuer das ganze Dorf bis auf die Kirche; 1763 wird es mit dem Gutshof wiederaufgebaut. Zudem wurde 1764 die Konzession für die Anlage einer Glashütte erteilt (zunächst nicht realisiert), die 1869 stillgelegt wurde. 1773 kommt es zur Teilung des Gutes in Alt und Neu Placht. Für Alt Placht fällt ein häufiger Besitzerwechsel auf; der karge Boden erwies sich für Landwirtschaft offenbar als wenig geeignet. So wurde das Gut 1899 an den Preußischen Staat verkauft und war über 100 Jahre Sitz einer Oberförsterei. Die umliegenden Ackerflächen wurden zu jener Zeit weitgehend aufgeforstet.